I. Erster „Zug durch die Gemeinde“ Rangoon
Am Nachmittag brachen wir zur ersten Erkundung von Rangoons Zentrum auf, das ja direkt vor unserer Hoteltür lag. Direkt auf dem ersten Kreisverkehr steht die Sula Paya (Pagode) mit ihrem goldenen Dach, etwas weiter standen prachtvolle Kolonialbauten und die St. Immanuel Baptistenkirche. Rangoon erschien schon hier sehr attraktiv, viel Leben auf der Straße, überall gab es kleine Marktstände, die Menschen in farbenfrohen Kleidern. Die Stadt verströmt einen angenehm „morbiden“ Charme, denn viele Gebäude haben ordentlich „Patina“.
In Richtung Yangon River kommt man durch die deutlich von britischer Kolonialarchitektur geprägte „Altstadt“ von Rangoon. Um es kurz zu machen: Ich kann den Grund nicht richtig umschreiben, aber lange hat mich eine Stadt nicht mehr so „geflashed“ wie dieser Teil von Rangoon. Das war Südostasien von seiner besten Seite, ein bißchen wie eine Zeitreise, so muss Bangkok oder Singapur vor sehr langer Zeit gewirkt haben. Alles ganz entspannt, überall gab es was zu sehen, hier mal paar frische Früchte gekauft, da was zu trinken, dessen Namen man nicht kannte, open air Fischstände, Eisstände, in denen das Eis noch in Blöcken angeliefert wird und das alles ohne großen Krach und Hektik, denn es fahren so gut wie keine Autos durch die Gegend. Motorroller sind in Rangoon komplett verboten, nachdem sich vor ein paar Jahren ein einflußreicher Militär über einen Rollerfahrer, der ihm ins Auto gefahren war, geärgert hatte. Das ist problematisch für den „kleinen Mann“ in Rangoon, aber der fehlende Krach und die Abgase tragen erheblich zum Charme der Stadt bei.
Die Menschen auf der Straße waren allesamt sehr freundlich und angenehmerweise versucht niemand, einem etwas aufzuschwatzen, man kann sich alles in Ruhe ansehen, auch das ein deutlicher Unterschied zu Indien oder dem heutigen Thailand. Auffällig auch, daß ein Großteil der Männer Rock trug, den für Burma typischen „Longyi“ genannten Wickelrock. Viele der Damen hatten sich die Gesichter mit einer aus Rinde und Lehm gemachten Paste eingerieben, was einen kühlenden Effekt haben soll, aber in erster Linie mal witzig aussieht.
Je näher man an den Yangon River kommt, desto höher wird die Dichte von Kolonialbauten. Teilweise wurden die ehemaligen britischen Verwaltungs- oder Geschäftsgebäude in den letzten Jahren saniert, man findet aber noch jede Menge „naturbelassener“ in unterschiedlichen Zuständen. In einem großen Gebäude residierte unten eine Galerie, der Rest des Gebäudes war einfach von Famlien okkupiert worden, die sich in den ehemaligen Großraumbüros „Wohn-Cubes“ eingebaut hatten. Das Herumstreunen in diesem Gebäude war schon ein bizarres Erlebnis.
II. „Rübermachen“ in Rangoon
Unten an der Uferpromenade entschlossen wir uns spontan, mit einer der Fähren über den breiten Yangon River zu fahren. Der kleine Ort auf der anderen Seite war vollkommen anders als Rangoon, sehr ländlich, sehr wenig entwickelt, überall standen Tiere auf der Straße rum, das Wasser wurde von Hand aus Brunnen gepumpt. Auch wieder ein bißchen wie eine Zeitreise, wirklich empfehlenswerter Ausflug.
Nach der Rückfahrt spazierten wir zum The Strand Hotel an der Promenade, das eins der ältesten und sicher das beste Hotel in Burma ist. Auch das war eine Zeitreise, aber in die andere Richtung. Extrem stilvolles Haus! Ein kühles Getränk in der Hotelbar klang schon wegen der Air Condition nach dem heißen Tag verheißungsvoll. Oh, am heutigen Freitag ist Happy Hour? Na dann… :-) Anders als sonst oft in exotischen Ländern hatten die exzellente Cocktails, so daß wir den ersten Abend der Reise sehr gediegen ausklingen lassen konnten (und nebenbei das WLAN nutzen konnten). Auch der Fußmarsch zurück zum Hotel durch die autofreien und fast menschenleeren Straßen von Rangoons Altstadt war klasse.
III. Bogyoke Aung San Market
2. Tag in Rangoon, jetzt mal die eigentlichen „Sights“ abklappern, aber erstmal zu Fuß quer durchs Muslim Quarter zum großen Bogyoke Aung San Market, so sieht man am meisten. Beim Namensgeber Bogyoke (= militärischer Führer) Aung San handelt es sich um den in Burma noch berühmteren Vater von Aung San Suu Kyi, der Burma in die Unabhängigkeit führte. Sein Konterfei ist in Burma wirklich allgegenwärtig! „Sein“ Markt war ein Konglomerat von großen Markthallen, in denen – wie immer in Asien – alle Anbieter einer Sparte (Kleidung, Obst, Särge, Spielzeug, you name it) nebeneinander sitzen.
IV. Shwedagon Pagode und Kandawgyi Lake
Nach dem Markt fuhren wir mit dem Taxi zum Kandawgyi Lake, einem großen künstlich angelegten See, in dessen Umgebung das Botschaftviertel liegt und an dessen Ufer das Haus von Aung San Suu Kyi liegt (über diesen See ist damals der Amerikaner geschwommen, der die Nobelpreisträgerin treffen wollte und dafür ins Gefängnis kam). Der Park wirkt sehr künstlich, ist aber nett zum Druchflanieren. Im See stehen 2 riesige Nachbildungen von Karaweiks (königlichen Barken).
Anschließend ging´s weiter zur Shwedagon Pagode, die auf einem zentralen Hügel von Rangoon liegt. Die vergoldete Stupa von Shwedagon ist wahrscheinlich das bekannsteste Wahrzeichen von Burma, mit ihren knapp 108m Höhe ist sie von jeder kleineren Erhebung der Stadt aus zu sehen. Um die eigentliche Stupa herum sind Unmengen kleinerer und größerer Tempel, Schreine und sonstige Gebäude angeordnet. Anscheinend ist es sehr wichtig, an seinem Hochzeitstag mit allen Gästen Shwedagon zu besuchen, den wir sahen Dutzende von Hochzeitsgesellschaften, die in vollem Ornat vor dem Wahrzeichen Gruppenfotos schossen. An- und Abmarsch erfolgte stets im geordneten „Gänsemarsch“, was aber nichts militärisches an sich hatte.
Besonders in der langsam einsetzenden Dämmerung war das Areal sehenswert. Überall sah man zudem Frauen und Männer den Boden fegen oder Geländer putzen. Unser Guide erklärte uns, daß das alles Freiwillige seien, die sich auf diese Weise zusätzliche Karma-Punkte verdienen wollten.
Insgesamt fällt unser Urteil wie folgt aus: ALTER SHWEDAGON!
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Lieber Werner,
so und nicht anders war es bei uns im Jahr 2012. Da mag sich einiges verändert haben, aber damals war die Altstadt von Rangoon abends total ruhig und tagsüber relativ ruhig.
Grüße
Christian
Was erzählen die Typen da, von fast keinen Autos und Lärm. Die hatten wohl die ganze Zeit ihre Kopfhörer auf.