I. Mit dem Zug durch halb Burma
Am nächsten Morgen starteten wir um 6.00 Uhr früh mit dem Zug von Rangoon nach Mandalay. Die Bahnlinie haben damals die Briten gebaut und es scheint so, als sei seitdem nicht viel daran gemacht worden. Wir hatten „upper class“ gebucht, dennoch war der Zug in recht desolatem Zustand, aber die Fahrt hatte viel Flair, man war richtig „drin“ in Burma, was zum einen an den Mönchen im Abteil lag, mehr aber an dem wirklich sehr beschaulichen Tempo des Zugs von max. 50km/h (meist aber weniger) und dem rhythmischen „Hopsen“/extremen Aufschaukeln der Waggons auf den alten Gleisen. Die Türen des Zugs standen die ganze Zeit offen und draußen zogen Reisfelder, Dörfer und Provinzstädtchen vorbei. Nur einmal wurde es auf der rund 700km langen Strecke modern, als wir an der neuen Hauptstadt Burmas, Naypyidaw, vorbeikamen, die die Militärs vor einigen Jahren mitten in der Pampa aus dem Boden gestampft haben, aber die nicht wirklich „angenommen“ wird vom Rest des Landes. Wegen der gemütlichen Fahrt dauerte die Reise anstelle der veranschlagten 11-12h auch gleich mal 16h, aber das war vollkommen okay, denn das war Reisen ganz nach meinem Geschmack.
II. Mandalay
Mandalay war im 19. Jahrhundert bis zur Eroberung durch die Briten die Hauptstadt von Burma. Die Stadt liegt ziemlich genau in der Mitte Burmas am Irrywaddy, dem wichtigsten Fluss Burmas, der sich durch´s ganze Land zieht und bei Rangoon ein großes Delta bildet. Heute leben in Mandalay rund 1,6 Millionen Menschen, aber die Stadt, in der es kaum hohe Häuser gibt, hat mit ihren breiten Straßen und dem vielen Grün eine sehr angenehme Atmosphäre. Wir checkten im zentral gelegenen XXXXXXX Hotel ein, das wir uneingeschränkt empfehlen können. Gute Zimmer, Bad okay, freundliche Leute und die Dachterrasse, wo wir immer frühstückten oder ein „Absackerbier“ getrunken haben, bot einen phantastischen Blick über die Stadt.
Es gibt in Mandalay und Umgebung eine Menge zu sehen! Also erstmal zum Königspalast bzw. dessen Nachbau. Transportmittel der Wahl: Fahrradrikscha! Das Palastareal, das an die Verbotene Stadt in Peking erinnert, liegt in riesigen grünen Rechteck, das von einem großen Wassergraben umgeben ist (der wichtigste Zweck ist heutzutage nicht mehr die Verteidigung, sondern die Wasserzufuhr für Thingyan, aber dazu im nächsten Kapitel). Der Palast (und ein Großteil der restlichen Stadt) wurde im II. Weltkrieg bei heftigen Kämpfen zwischen Japanern und Briten fast vollständig zerstört und Ende der 1990er (mit vielen Zwangsarbeitern) wieder aufgebaut. Beim näheren Hinsehen sieht man auch, daß dort vieles „fake“ ist, die roten Dächer sind z.B. bemaltes Wellblech. Aber trotzdem ist die Anlage ganz eindrucksvoll, wenn auch die Innenräume der Paläste weit weniger hermachen als das Gesamtensemble von außen.
III. Mandalay Hill
Wir heuerten 3 Motorrad-Taxis an, die uns auf dem Mandalay Hill brachten. Dieser Hügel thront rund 250m über der Stadt und ist gespickt mit Pagoden und kleinen Klöstern, die viele Burmesen anlocken. Die meisten ausländischen Touristen kommen aber wohl, wie wir, wegen des Rundum-Ausblicks auf Mandalay. Hier machten wir auch zum ersten Mal die Erfahrung, daß das oblogatorische Ausziehen der Schuhe beim Betreten von Tempelanlagen bei der Sonneneinstrahlung für Europäerfüsse, die nix gewohnt sind, schmerzhaft sein kann. Teilweise tänzelt man von einem Schatten zum anderen, weil die bunten Fliesen so heiß sind. Sieht lustig aus!
IV. Shwe In Bin Kyang Kloster und Mahamuni Tempel
Weiter im Kultur-Marathon: Mit dem Moppedrikscha ging es weiter zum Shwe In Bin Kyang Kloster, das am Rand von Mandalay liegt und für seine elaborierten Holzarbeiten berühmt ist. Das hat uns von allen Klöstern und Tempeln, die wir in der Gegend besucht haben, am besten gefallen, schon weil es sehr idyllisch in einem Wohngebiet liegt und von schattigen Bäumen umgeben ist.
Ganz anders der Mahamuni-Tempel, der bei Burmesen ganz hoch im Kurs zu stehen scheint. In der neumodischen und architektonisch recht anspruchslosen Tempelanlage sitzt zentral ein großer Buddha, bei dem die Gläubigen (oder Touristen) anstehen, um dann über eine Empore am Buddha entlangzugehen, ihn zu berühren und mit Blattgold zu bekleben. Das sind solche Mengen über die Jahre, dass der Buddha schon ganz unförmig geworden ist. Die Gänge zum „inneren Heiligtum“, zu dem Frauen übrigens keinen Zutritt haben (die müssen in Sichtweite davor stoppen), sind mit Verkaufsständen mit unglaublich trashigem Buddha-Kitsch gefüllt, was dem Tempel eine kuriose Atmosphäre verleiht.
V. Mopped-Tour durch´s Hinterland
Am nächsten Morgen organisierten wir drei Motorroller, um durch die Umgebung von Mandalay, die offenbar sehr ländlich und schön ist, zu cruisen. Ein Fahrzeug zu mieten ist in Burma nicht ganz einfach, Autos werden fast nur mit Fahrer vermietet, Roller oder Motorräder eigentlich gar nicht, aber der im Lonely Planet angegebene Laden machte da keine Probleme. Schnell raus aus Mandalay und runter an den Irrywaddy River und dann am Fluss entlang über irgendwelche Straßen und später Feldwege über die Dörfer fahren, Reisfelder anschauen.
Die Landbevölkerung in diesem Teil Burmas lebt in auf den ersten Blick recht bescheidenen Verhältnissen, in den Dörfern sieht man überwiegend einfache traditionelle Holzhäuser, die aber doch „schick“ sind. Die meisten Dörfer machen auch einen „gepflegten“ Eindruck, keinesfalls einen armen. Vieles wird noch mit Muskelkraft oder mit Last- oder Zugtieren erledigt, fast überall werden die Reisfelder mit von Wasserbüffeln gezogenen Pflügen bestellt, die Wäsche wird in großem Stil im Fluss gewaschen und am Ufer getrocknet.
Zufällig kamen wir an einer Volkswagen-Werkstatt mit schönen alten Logos vorbei. Die Ansammlung von Käfern und Bullys, teilweise restauriert, teilweise Wracks an einer Landstraße irgendwo in Burma war auch ziemlich skurril.
VI. Sagaing Hill und Mingun
Am nächsten Tag buchten wir „Mohammed, The Driver“ über das Hotel. Ein sehr netter, sehr ruhiger (und nachtblinder, wie sich herausstellen sollte) Herr mit einem etwas klapprigen Toyota, der uns die nächsten 2 Tage zu den weiter außerhalb gelegenen Sehenswürdigkeiten bringen sollte. Zuerst fuhren wir über die neue Irrywaddy-Brücke auf die anderen Seite zum Sagaing Hill, einer Gruppe von Pagoden oberhalb des Flusses. Die nicht allzu spektakulären Anlagen sind hauptsächlich wegen der schönen Aussicht die Fahrt wert, die Pagoden selbst sind alle kunterbunt angemalt und überall stehen Souvenirstände rum. Aber auch wenn wir die nicht soooo spektakulär fanden: Die PAgoden von Sagaing gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe. Ebenso die gleich folgenden Anlagen von Mingun.
Das etwas weiter den Fluss runter gelegene Mingun ist schon viel interessanter. Dort wollte ein König im späten 18. Jahrhundert die größte Pagode der Welt errichten. Man baute 20 Jahre daran und hatte das untere Drittel fertiggestellt, als der König starb, sie wurde nicht weitergebaut. Heute wird sie als der „größte Backsteinhaufen der Welt“ bezeichnet, denn wie fast überall in Burma wurden nicht behauene Natursteine, sondern Ziegel verwendet. Ein Erdbeben hat dem Sockel dann noch ein paar eindrucksvolle Scharten verpaßt. Das Teil ist so groß, daß man beim Aufstieg wirklich erstmal kaum drauf kommt, daß es sich dabei um eine massive Ziegelkonstruktion handelt, es wirkt wie ein Berg.
VII. U Bein Bridge in Amarapura
Am späten Nachmittag folgte dann noch ein wirkliches Highlight: Die berühmte U Bein Bridge in Amarapura, 10km südlich von Mandalay. Die Brücke kann mit ihren 1,3km Länge den Superlativ „längste Teakholzbrücke der Welt“ für sich verbuchen und ist auf jedem zweiten Burma-Reiseführer auf dem Cover. Die schmale Brücke überquert auf ca 6m hohen Stelzen von Amarapura einen flachen See zu einem Dorf auf der anderen Seite. Das alles hört sich wahrscheinlich erstmal unspektakulär an, aber die Brücke ist ein phantastischer Ort! Zwar sind einige Touristen außer uns da, aber im Wesentlichen marschieren Bauersfrauen, Mönche, Kinder von einer Seite zur anderen und alles um einen herum ist wirklich schön, man sieht Bauern im flachen Wasser bei der Arbeit, Hunderte von Enten und lauter so Zeug :-). Gerade am späten Nachmittag herrscht dort einen wunderbare Atmosphäre. Sehr empfehlenswert.
Am Anfang der Brücke hatten wir uns (Internet sei Dank) mit unserem Freund Frank verabredet, der 5 Tage nach uns in Deutschland gestartet war und von Rangoon nach Mandalay geflogen war, um hier zu uns zu stoßen. Schön, wenn solche Verabredungen in fernen Ländern dann so perfekt klappen!
VIII. Die Hill Station von Pyin Oo Lwin, erster Wasser-Kontakt!
Am nächsten Tag fuhren wir, jetzt zu viert, mit Mohammed nach Pyin Oo Lwin, einer sog. Hill Station, die die Briten angelegt hatten, um der im Sommer extremen Hitze in Mandalay zu entgehen. An diesem Tag begann der Trubel zum Thingyan/ Water Festival, für das überall die Tribünen aufgebaut worden waren. Schon die netten Damen von der Rezeption kippten uns vor der Tür Wasser in den Kragen. Aber das war noch harmlos. Überall an den Straßen in die Berge standen Junge und Alte mit Eimern, Töpfen oder gleich mit Gartenschläuchen, um vorbeifahrende Moppedfahrer, offene Busse oder überhaupt alle nass zu machen. Wir haben uns sofort mit Super-Soakern ausgerüstet, um nicht unbewaffnet zu sein. Aber die Dinger taugten nicht viel, wie wir schnell merken mußten, also haben wir sie gleich an ein paar Kinder verschenkt.
In Pyin Oo Lwin frühstückten wir erstmal in einem kolonialen Café, das auch einen riesigen Wasserbottich und 5 Eimer vor der Tür stehen hatte, direkt an der Hauptstraße des Orts. Also wollten wir auch mal probieren, wie das so ist, vorbeifahrende Moppeds zu splashen. Ein RIESENspaß! Kindisch, aber man steigert sich da richtig rein. Am Anfang noch eher verhalten, am Ende standen da 4 Erwachsene, die parallel 5 Liter Eimer auf Moppeds oder in offene Minibusse kippten. Manche Moppedfahrer fahren extra langsam, um sich die volle Packung geben zu lassen, andere versuchen, möglichst unbeschadet zu passieren. Dazwischen schon die ersten Pickups mit verkleideten Jungs und lauter Musik drauf, es war ein bißchen wie Karneval, nur eben bei über 33 Grad und nasser.
Nachdem wir einen großen Teil unserer Besuchszeit mit Wasserschlachten verplempert hatten, schauten wir uns noch kurz das Zentrum von Pyin Oo Lwin an, in dem einiges an britischer Kolonialarchitektur herumsteht. Anschließend besuchten wir noch die Pwe Kauk Wasserfälle, die von recht kitschiger Atmosphäre sind und von den Einheimischen als „Spaßbad“ genutzt werden.
Zum Abschluß besuchten wir dann noch die National Kandawgyi Gardens. Auch die wurden seinerzeit von den Briten angelegt und wollen irgendwie so gar nicht in diese Gegend passen, alles ist makellos angelegt, mit künstlichen Teichen, Brücken und beschnittenen Bäumen, alles wird gehegt und gepflegt, es wirkt, als wäre man in eine andere Gegend der Welt katapultiert worden. Nur der gigantische Bambuswald und einige Pagoden erinnerten einen an Asien, ansonsten wirkte es wie in einem europäischen Schlosspark.
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