I. Von Trinidad nach Viñales
Die Fahrt in unserem (mit Fahrer) gemieteten Jeep von Trinidad nach Viñales führte über weite Strecken über die „Carretera Central“, eine Art Autobahn, die fast über die gesamte Länge von Kuba relativ mittig verläuft und die meisten größeren Städte miteinander verbindet. Ich schreibe deswegen „eine Art Autobahn“, weil sie zwar aussieht wie eine Autobahn, aber auch mit Pferdewagen auf dem Standstreifen benutzt wird und Busse an Auffahrten Fahrgäste einsammeln. Da die Autodichte in Kuba sowieso nicht sonderlich hoch ist, hat das einen kuriosen Flair. Entlang der Autobahn stehen in regelmäßigen Abständen große „Billboards“, die die Errungenschaften der Revolution und insbesondere die Völkerfreundschaft zu Venezuela und seinem 2013 verstorbenen Präsidenten Hugo Chavez preisen. Mit Venezuela hat Kuba z.B. ein Programm laufen, das im Gegenzug für günstiges Öl die Versendung von tausenden Ärzten nach Venezuela regelt, auch die Anbindung Kubas an das Internet läuft im wesentlichen über ein einziges Kabel rüber nach Venezuela.
– Kleiner Exkurs: Die „Miami Five“
Was man auch in jeder Stadt findet, ist ein Denkmal für die sog. „Miami Five„, die auf Kuba schlicht „Los Cinco“ oder „Los Cinco Heroes“ (= „Die 5 Helden“) genannt werden. Bei den 5 Herren handelt es sich um Mitglieder eines Agentenrings, der im Auftrag des kubanischen Geheimdiensts Informationen über die Aktivitäten exil-kubanischer Organisationen in Florida sammelte. 1998 wurde die Gruppe enttarnt und die 5 im Jahr 2001 zu hohen, teils lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt. Das damalige Verfahren wurden international und auch in den USA wegen politischer Einflußnahme und Menschenrechtsverletzungen heftig kritisiert, in ihrer Heimat werden die 5 Männer als Nationalhelden verehrt. Immer wieder stößt man auf kleine Gedenkstellen, meist mit 5 Sternen mit den jeweiligen Namen, dazu findet sich immer die Parole „¡Volverán!“ („Sie werden zurückkehren!“). Von dieser Geschichte hörten und lasen wir des öfteren während unseres Besuchs auf Kuba, nur fehlte das „Ende“. Denn in einer Hotelpassage in Havanna sahen wir dann ein Plakat mit 5 älteren Herren mit dem Slogan „¡Volvieron!“. Soweit reichten meine Spanischkenntnisse dann noch, das zu übersetzen: „Sie sind zurückgekehrt!“. 2 der Five wurden bereits 2012 und 2013 aus der Haft entlassen, die restlichen 3 Männer wurden am 17.12.2014, also genau an dem Tag, an dem Präsident Obama eine Neuausrichtung der Beziehungen zu Kuba ankündigte, entlassen und kehrten nach Kuba zurück.
II. Viñales
Spät am Abend kamen wir in Viñales an und machten Quartier in der wieder mal sehr farbenfrohen und sympathischen „Casa Oscar“ (uneingeschränkt zu empfehlen) nahe der Hauptstraße von Viñales. Da alle Restaurants schon geschlossen waren, landeten wir in einer Art kubanischem Späti, der an einen winzigen Park mit Bänken und Tischen grenzt. Auch dort war die Küche geschlossen, aber es gab noch irgendwelche Chips und Kekse und ein kaltes Feierabend-Bier.
Das kleine Städtchen Viñales liegt ganz im Westen von Kuba und ist eine der Hauptattraktionen für Touristen. Das liegt vor allem an der Karstlandschaft um den Ort, steile bewaldete Kalksteinfelsen, die aus relativ flachem Terrain herausragen, den Bergen um Giulin in China oder bestimmten Gegenden in Thailand, Vietnam oder Laos nicht ganz unähnlich. Was hier aber einzigartig ist, ist der rote Lehmboden, der sich anscheinend perfekt für den Tabakanbau eignet, denn aus dieser Gegend kommt ein beträchtlicher Teil des Rohstoffs der Zigarren, für die Kuba so berühmt ist. Die Stadt selbst ist sehr unaufgeregt, auf der Hauptstraße kann man ganz entspannt flanieren oder in einem der Cafés oder Restaurants auf der Terrasse abhängen und dem moderaten Treiben zusehen. Hier fanden wir Kuba besonders „urig“, die wenigen Autos auf den Straßen sind fast ausnahmslos amerikanische Straßenkreuzer aus den 50ern, dazwischen gibt´s aber auch immer mal wieder Pferde oder Pferdefuhrwerke.
III. In die Berge
Am nächsten Tag machten wir das, was jeder Tourist in Viñales macht: Eine Tour durch´s Gelände zu den Tabakplantagen, den Bergen und ein oder zwei Höhlen, von denen es im Karst viele gibt. Man hat die Wahl zwischen Reiten auf Pferden oder einem Ochsenkarren. Wir wissen heute nicht mehr so genau warum, aber wir haben uns für den Ochsenkarren entschieden. Unser Kutscher, ein vergnügter älterer Herr (Name leider vergessen) zuckelte mit uns durch die Pampa, ab und zu ging es durch geflutete Trassen oder richtige ordentliche Spurrillen, dabei mußte er die relativ faulen Ochsen permanent mit irgendwelchen Lauten oder durch Pieksen mit der Rute antreiben. Die Laute waren so eingängig, daß wir stellenweise das Antreiben selbst übernommen haben. :-) Auf der Tour machten wir den obligatorischen Stop bei einer kleinen Tabakplantage, uns wurde der Herstellungsprozeß erklärt (u.a.: Der Tabak wird nach dem Trocknen kurze Zeit fermentiert. Wieder was gelernt!). Natürlich gab es gleich auch eine Verkostung und die Möglichkeit, beim Farmer selbst einzukaufen, was Philipp und Jörg auch nutzten. Das ganze war jetzt keine „Heizdecken-Kommerzveranstaltung“, sondern erfrischend wenig professionell.
Nach der Mittagspause bei einer anderen Plantage zeigte uns der Kutscher noch eine kleine Höhle, in der man einen der Inselberge komplett „unterwandern“ konnte. Nach der Tour landeten wir dann in der lokalen Casa de la Musica, wo es zwar noch keine Live-Musik gab, dafür aber einen sehr aufgeschlossenen Kellner, der uns in die – ohnehin schon recht starken – Mojitos immer wieder mal die restlichen 3-5 cm Rum aus der gerade verwendeten Flasche goß, so als wäre es Wasser….
IV. Cayo Levisa
An der Küste, ca 50km nördlich von Viñales liegt die Insel Cayo Levisa. Die Insel ist nur ca. 3km lang und an der Nordseite gibt´s einen sensationell karibischen Strand, deswegen ist die Insel für Tagesausflüge sehr beliebt, nicht viele Leute übernachten dort, weil das (staatliche) Hotel in sämtlichen Reiseführern als überteuert und schlecht beschrieben wird. Wir heuerten einen Fahrer mit einem alten Chevrolet an, der uns zur Fähre brachte. Dort herrschte ziemlicher Andrang, mindestens 100 Leute standen auf dem Steg. Alle trotteten an Bord und ca. 5 Leute nach uns war die Fähre voll. Glück gehabt, ansonsten hätten wir ca. 1h warten müssen.
Die Seite von Cayo Levisa, auf der man mit der Fähre ankommt, ist ein Mangrovengebiet, eher unattraktiv. Man läuft ca. 200m bis zu anderen Seite und DA liegt dann ein Strand wie aus dem Karibik-Werbeprospekt vor einem! Sensationelle Wasserfarbe, warm, feiner Sand. Perfekt. Die Bilder sprechen für sich, denke ich.
Da keiner von uns eine große Befriedigung daraus zieht, stundenlang einfach nur in der Sonne zu liegen, machten Karsten, Jürgen und ich einen Spaziergang am Strand Richtung Osten, wo das Wasser noch türkiser aussah. Dieser harmlose Spaziergang wurde dann ein relativ kurioses Erlebnis. Denn irgendwann reicht der Wald bis direkt ans Wasser heran. Offenbar war hier im Zuge eines Hurrikans vor ein paar Jahren das Meer großflächig in den Wald hineingelaufen, das Salzwasser versickerte dort und ließ den Großteil der ufernahen Bäume absterben. Danach dörrte die Sonne die toten Bäume aus, bis sie knochentrocken waren. Und dann konnten wir kommen und mit einer Hand armdicke Baumstämme einfach so umknicken. So ungefähr muss sich jemand mit Superkräften fühlen. :-) Keine Sorge, der Wald steht noch.
Mitten im Wald standen an dem schmalen Pfad mehrfach Hinweisschilder auf eine „Bar Punta Arena“. Wir dachten, die stammten aus der Zeit vor dem Hurrikan. Aber als wir an der östlichen Spitze der Insel aus dem Wald spazierten, stand da auf einer weiten Sandebene wirklich eine kleiner palmgedeckter Unterstand und darin der wohl einsamste „Barkeeper“ Kubas. Man konnte fast Mitleid mit ihm haben, denn wir hatten den Eindruck, daß sich dort nicht viele Ausflügler hinverirrten. Natürlich mußte dem einsamen Herrn etwas zu trinken abgekauft werden. Es gab 2 Haken: Er hatte nur Bier (in einer Tonne im Sand vergraben) und er konnte auf 20 CUC nicht rausgeben. Also haben wir was getrunken und die restlichen Dosen, die wir für das Geld bekamen, mitgenommen. Allerdings führte die leichte Enthemmung auf dem Rückweg dann nochmal zu 2-3 umgenieteten Bäumchen (verbunden mit heiserem Gekicher).
Also, wer nach Cayo Levisa kommt: Unbedingt den Spaziergang ans Ostende der Insel machen. Directions? Rüber zum Strand, dann nach rechts, easy :-)
Die Rückfahrt von Cayo Levisa nach Viñales gewährte uns nochmal einen schönen Einblick in das ländliche Kuba mit seinen wirklich schönen Seiten, alle ganz entspannt.
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