Weisses Meer

I. Richtung Weisses Meer

Nachdem wir endlich Medvezhegorsk verlassen konnten, fuhren wir noch in ca. 4 Stunden die 280km bis nach Kem am Weissen Meer ab. Mittlerweile waren wir ja nur noch ca. 200km südliche des Polarkreises, entsprechend lang war es abends hell.

Im eigentlichen Zentrum von Kem schien es mal wieder kein einziges Hotel zu geben, mehr durch Zufall gelangten wir zum Fährhafen, wo es dann auch ein großes Hotel für die ganzen Solovezki-Besucher gab. Nur hatten die (angeblich) wieder mal kein Zimmer mehr frei, also wollten wir dort nur zu Abend essen und uns dann irgendwo zum Zelten in die Büsche schlagen. Zu unserer großen Überraschung standen vor dem Restaurant der Anlage ein halbes Dutzend Motorräder mit deutschen und anderen ausländischen Kennzeichen. Prompt kamen wir mit den beiden Deutschen ins Gespräch. Nach ein paar Bier, es war mittlerweile 0.30 Uhr, fragten wir nochmal vorsichtig an der Rezeption und siehe da, auf einmal gab es ein Zimmer. Das kostete den für Russland absoluten Standardpreis von 70 EUR für die Nacht, war ein bißchen heruntergekommen, aber ersparte uns das frühe Aufstehen für die Fähre am nächsten Morgen.

II. Solovezki-Archipel

Solovezki-Kloster

Die Solovezki-Inseln, die zum Archangelsker Oblast gehören, kennt in Russland wirklich jeder! Nicht nur wegen des berühmten Klosters, das zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, sondern auch, weil es gewissermaßen ein Spiegel der russischen Geschichte der letzten 700 Jahre ist. Sie liegen sehr isoliert im Weissen Meer, dem Meerbusen, der östlich der Kola-Halbinsel ins Festland dringt.

Im 13. Jahrhundert siedelten sich Mönche auf den Inseln an und errichteten ein Kloster. Dieses wurde im 18. Jahrhundert von den russischen Zaren zu einer Festung und einem Staatsgefängnis ausgebaut, in dem über gut zweieinhalb Jahrhunderte überwiegend politische Gefangene inhaftiert wurden. Im 20. Jahrhundert wurden die Solovkij-Inseln zum Symbol des staatlichen Terrors der Sowjetunion. Lenin richtete bald nach Gründung der Sowjetunion hier ein Arbeitslager ein. Damit wurde das Solowezki-Lager die Keimzelle für das berüchtigte Gulag-System und beherbergte bereits 1931 über 70.000 Häftlinge. Die geografische Lage des Archipels Solovki, sowie die Tatsache, dass sich in dem Kloster bereits ein Gefängnis befand, spielten eine wichtige Rolle für die Entstehung der Lager auf den Inseln. Alle klösterlichen Einrichtungen und Einsiedeleien auf der Insel wurden durch die Sowjets in Lagereinrichtungen umfunktioniert. Inzwischen werden die Klosteranlagen wieder von russisch-orthodoxen Mönchen bewohnt; ein Gefängnis befindet sich nicht mehr auf den Inseln. Die wichtigsten Gebäude stehen seit 1992 als Weltkulturerbe unter dem Schutz der UNESCO.

Die Überfahrt nach Solovezki war weniger schnittig als auf dem Onega-See, denn es gab keine Tragflächenboote, dafür hieß unser Schiff aber METAL 4, immerhin. Unter Deck war es sehr stickig, oben war es sehr kalt, überall war es voll. Die Überfahrt dauerte rund 2 Stunden, dann kam die gewaltige Anlage des Klosters Solovezki ins Bild.

III. Kloster Solovezki

Das Kloster wurde 1420 durch die zwei Mönche gegründet. Im 15. und 16. Jahrhundert konnte das Kloster schnell seine Ländereien erweitern und besaß Gebiete auf dem Festland, wo die meisten Flüsse in das Weiße Meer münden. Durch eine geschickte Produktions- und Handelspolitik wurde es bald zum wirtschaftlichen und politischen Mittelpunkt der Region um das Weiße Meer. Die Archimandriten (Äbte) des Klosters wurden vom Zaren und vom Patriarchen der Russisch-Orthodoxen Kirche ernannt (geklaut bei Wikipedia).

Das Hauptkloster ist von einer wirklich gewaltigen Festungsmauer umgeben, im Inneren liegen eine Menge Gebäude, die fast alle miteinander verbunden sind. So wurden um die erste, große Kirche im Zentrum noch mehrere kleinere und Wohngebäude für die Mönche herumgebaut, alles ziemlich verschachtelt, teilweise von beeindruckenden Dimensionen. Man sieht auch ziemlich viele Mönche herumeilen oder bei der Arbeit in den kleinen Gemüsegärten im Innenhof, denen hält man als braver Tourist aber nicht die Kamera ins Gesicht.  

Die ganzen sakralen Gebäude und die Festungsanlagen waren schon ziemlich beeindruckend, aber nach 2 Stunden hatten wir genug gesehen und außerdem Hunger. In einem Spitzen-„Produkty“ kauften wir Salzgurken und anderen Kram und setzten uns mit Ausblick auf das Kloster auf die Wiese. Anschließend bin ich noch ne Stunde durch das nebenan gelegene Dorf  und zum Flughafen spaziert, was auch ziemlich malerisch war. Solovezki ist auf jeden Fall einen Besuch wert (wenn man in der Gegend ist).

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