Teil VII: Khoburtse – Urdukas
Der nächste Tag begrüßte uns wieder mit durchwachsenem Wetter. Die Etappe zum ca. 4.200m hoch gelegenen Camp Urdukas war wiederum relativ kurz, wir waren schon gegen Mittag im Camp (wie erläutert, nicht mehr als 400m Höhengewinn am Tag). Auf dem Weg dorthin gab es endlich mal größere Stellen von nahezu blankem Eis zu sehen, so daß man wirklich das Gefühl hatte, auf einem Gletscher zu laufen. Dafür wurde der Baltoro immer zerklüfteter, ständig ging es durch bizarre Eis- und Schuttlandschaften bergauf und bergab. Das Camp Urdukas ist zweigeteilt: Unten auf dem Gletscher liegt ein kleines Camp der pakistanischen Armee, das aus Mondbasis Alpha Eins-mäßigen Plastikiglus besteht, die meisten Trekker campieren aber ca. 50 m weiter oben am Hang, wo es sehr schön gelegene Natur-Terrassen mit Aussicht gibt und – hey!!! – Gras (hatten wir schon tagelang nicht mehr gesehen)! Wir haben sozusagen die Deluxe-Suite erwischt und konnten den ganzen Tag die beste Aussicht auf Trangos und Cathedral genießen.
Anekdote (bißchen eklig): Auf dem gesamten Trek herrscht in Bezug auf Toiletten das sog. „open system“, d.h. man sucht sich irgendwo in der Nähe eine Stelle für Ihr-wißt-schon. In Urdukas hatte das amerikanische Central Asia Institute eine sog. Porter Latrine installiert, ein nach oben offenes Betonkonstrukt mit Trennwänden und 2 riesigen eingelassenen Latrinen, die zur Schonung der Umgebung genutzt werden sollten. Unsere neuen australischen Freunde haben diese grotesk stinkenden Örtchen auch benutzt und erzählten uns, was dabei passierte…. Er nahm seine Sonnenbrille ab, hängte sie in seinen Kragen, hockte sich hin und……..na?……yep, die Brille fiel natürlich runter in die ca. 500 Liter Exkremente. Tja, nun braucht man natürlich im Hochgebirge eine Sonnenbrille…..was tun? 2 Teleskopstöcke zusammengebunden, der Engländer hielt dem vorderen Australier und sich selbst die Nase zu, während der mit den Stöcken die Brille rausfischte, erfolgreich. Der Australier hat den Nachmittag damit verbraucht, seine im Bach vorgespülte Brille mit heißem Wasser zu desinfizieren. Öööörgs.
Das war aber nicht alles: Weiter oben am Hang gab es ein paar riesige Felsen mit Feuerstellen darunter und mit einer kleinen Höhle. Die Australier, die ohnehin zu dritt in einem 2-Personenzelt schliefen, freuten sich über die Höhle und über das darin ausgebreitete Stroh. Erst am nächsten Morgen bei Helligkeit entdeckten sie, daß das Stroh in Wirklichkeit getrockneter Eselsdung war, haha. Das sollte nicht der letzte Fall von Pech dieser Truppe sein (Rest folgt). Dennoch haben die 3 niemals ihre gute Laune verloren, die waren wirklich nicht kleinzukriegen und großartige Trekbegleiter.
Teil VIII: Urdukas – Goro II
Am nächsten Morgen brachen wir auf nach Goro II mit Mittagspause in gottverlassener Gegend in Goro I. Das Wetter war wieder mau aber das machte GAR NICHTS, denn das Wetter der nächsten 4 Tage (und das waren die entscheidenden) sollte schlicht gigantisch gut werden (okay, das wußten wir da noch nicht).
Kleiner Tipp: Vielleicht schaut Ihr Euch jetzt nochmal die Google-Karte der Gegend auf der 1. Seite an, da sind alle Camps und die wichtigsten Berge gekennzeichnet und man sieht beim Ranzoomen schön die Gletscherlandschaft.
Die Etappe nach Goro II ist wiederum ziemlich kurz, ich glaube, es war mit ca. 3 Stunden Marsch die kürzeste des ganzen Treks. Kurz hinter Urdukas öffnet sich das Tal plötzlich relativ weit und der Baltoro-Gletscher flacht deutlich ab (wahrscheinlich ist er deswegen in den Tagen davor so verworfen gewesen, weil sich das Eis durch das enger werdende Tal (in Gegenrichtung fließend) auffaltet. Ihr dürft mich „Hobby-Glaziologe“ nennen :-)), von rechts kommt die riesige langgezogene Masherbrum Range (7.821m) ins Bild. Geradeaus lag bereits Concordia, von dem wir aber wegen der Wolken noch nicht viel sahen. Wir trafen eine österreichische Gruppe auf dem Rückweg von Concordia, die 2 Hiobsbotschaften hatte: In 3 Tagen in Concordia hatten sie den Gipfel des K2 gerade einmal 15min ohne Wolken gesehen, den Rest so gut wie gar nicht und der Ghondogoro La war wegen Schneefalls und Lawinengefahr unpassierbar. Ermutigend!
Dafür tauchten jetzt bizarr anmutende „Eisberge“ auf, die aus dem Schutt des Gletschers wie Haifischflossen herausragten. Wie diese merkwürdigen Formationen aus (ausnahmsweise schneeweißem) Eis zustandekommen, kann Euch auch der frischgekürte Hobby-Glaziologe auch nicht erklären. Wir haben dann den Rest des Tages damit verbracht, die Haifischflossen zu besteigen (für Poserfotos), hinter dem Camp für weitere Fotos auf einen Hügel zu steigen und bei der Gelegenheit große Felsbrocken die 30m hohe Gletscherabbruchkante runterzutreten sowie die australisch-englischen Pechvögel zu besuchen. Mittlerweile war es (auch in der Sonne) doch schon ziemlich frisch, tagsüber vielleicht 10-12 Grad, nachts fielen die Temperaturen auf deutlich unter Null und es schneite.
Teil IX: Goro II – Concordia
Am nächsten Morgen begann der für mich grandioseste Berg-Tag, den ich je erlebt habe! Punkt! Ich muß da (auch beim Schreiben) so euphorisch werden, vielleicht könnt Ihr das auf den Bildern gar nicht so nachvollziehen, aber mehr Beeindruckendes habe ich an einem Tag noch nie gesehen. Die Etappe von Goro II nach Concordia (4.600m) war im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend und das lag nur teilweise an der mittlerweile ziemlich dünnen Luft.
Bereits morgens schien die Sonne und man hatte einen wunderbaren Blick auf die Masherbrum Range und die bizarre Landschaft mit den Eisbergen drumherum, nur in Richtung Concordia hingen noch ein paar Wolken, was die Sache spannend machte. Noch während wir das Camp abbauten, verzogen sich die meisten Wolken und wir hatten freien Blick auf alle umstehenden 7000er.
In strahlendem Sonnenschein marschierten wir los Richtung Concordia, immer noch begleitet von den Eisbergen und dem frisch gefallenem Schnee der letzten Nacht.. Ziemlich bald lugte rechts die Chogolisa (7.655m) durch ein Seitental ins Blickfeld, geradeaus dominierte der Gasherbrum IV (7.932m) das Panorama, hinter dem bereits der Gipfel des ersten 8000ers, des Gasherbrum II (8.035m) zu erkennen war. Nach ca. einer Stunde schob sich dann links des Gasherbrum IV immer mehr die gigantische Westflanke eines weiteren 8000ers, des Broad Peak (8.051m), ins Bild. Wie eingangs erwähnt, wird Concordia „The Throne Room of the Mountain Gods“ genannt, weil nirgendwo sonst auf der Welt mehr hohe Berge so dicht beeinander liegen und man viele davon im 360 Grad-Panorama um einen herum sieht. Je weiter wir wanderten, desto mehr Gipfel kamen ins Bild, die Landschaft bestand nur aus weißem Schnee und Eis, blauem Himmel und schwarzem Geröll. Klingt platt, aber ich kam mir vor wie auf einem anderen Planeten, so unwirklich wirkte die Landschaft damals. Kurz vor Concordia kamen wir dann mal wieder an einem Armee-Camp vorbei, was auch wieder schräg wirkte.
Teil X: Helicopter-Alarm in Concordia
Als wir direkt hinter dem Armee-Camp waren, kamen auf einmal 2 Hubschrauber den Baltoro hochgeflogen, ein großer Transporthubschrauber und ein kleinerer Begleiter. Offenbar handelte es sich um einer Sightseeing-Tour von irgendwelchen VIPs, denn der große Hubschrauber setzte nur für ca. 3 Minuten auf, ein paar Leute in Zivilkleidung stiegen aus, machten ein paar Fotos und stiegen wieder ein, drehten eine Runde über Concordia, ein Stück Richtung K2 und flogen wieder davon. Der kleine Hubschrauber blieb die ganze Zeit kreisend in der Luft und stürzte sich aus der Kurve einmal kurz bis auf 15 oder 20m Höhe auf 2 harmlose Trekker in der Nähe des Armeecamps, von denen einer (wegen des sicherlich auch für Militärhubschrauber geltenden Fotoverbots) über die Schulter des anderen heimlich Bilder von dem Schauspiel machte. Keine Ahnung, wer das war….
HIER geht´s weiter zu Concordia und dem K2 Base Camp