1. Auf dem Weg von Miami in die Everglades
Von Homestead aus fuhren wir am nächsten Morgen gen Westen in Richtung Everglades. Am Stadtrand von Homestead liegen riesige Ackerflächen, die so gar nicht auf die Sumpflandschaft dahinter hindeuteten. An einer Abzweigung liegt der „Robert is here“, ein großer bunter „Bauernmarkt“, der vor allem für seine Smoothies zig Variationen berühmt ist, dazu gibt´s selbstgemachte Barbecue-Saucen, Marinaden, Honig u.v.a.m. aller Coleur, dazu noch ein Zoo hinter dem Laden. Als kleines Gimmick tauchte dann auch noch das Miami SWAT-Team in voller Montur im Laden auf, ihren coolen Einsatzwagen hatten sie direkt neben unseren Mustang geparkt.
2. Gumbo Limbo und Anhinga Trail
Fährt man über die Main Park Road in den Everglades N.P., kommt als erstes das Ernest Coe Visitors Center, das einen recht guten Überblick über die Besonderheiten der Everglades, Flora, Fauna etc. bietet. Ich ging z.B. immer davon aus, daß die Everglades ein „Sumpf“ seien. Tatsächlich gibt es dort aber nur wenig stehendes Wasser, das riesige Areal ist ein sehr, sehr breiter und sehr flacher Fluss, der über ein minimales Gefälle aus dem nördlich gelegenen Lake Okeechobee gen Süden Richtung Meer fließt.
Ein paar Kilometer weiter kommt dann das Royal Palm Visitors Center, von dort aus aus führen zwei Trails los. Der erste, Gumbo Limbo Trail, ist eine relativ unspektakuläre „Wanderung“ von 1,5km durch ein Dickicht, das anscheinend frei von jeglichem Wildlife ist.
Also schnell zum anderen, dem Anhinga Trail. Der führt zunächst auf einem kleinen Damm an Sawgrass-Weiten vorbei und im Graben dazwischen lag auch prompt der erste Alligator mit einer schon ganz beeindruckenden Größe. Weiter hinten führt der Pfad auf Holzstegen an kleineren und größeren Wasserlöchern vorbei. Und das wimmelte es förmlich von Alligatoren, zuerst ein paar einzelne, die vor sich hin schwammen, dann kamen wir an eine Stelle, an der das Wasser in kleinen Mulden steht und offenbar sehr warm ist, was wiederum den wechselwarmen Reptilien sehr gut zu gefallen schien. Da lagen sicherlich 20 Alligatoren aller Größe herum und genossen die Sonne.
3. Richtung Süden nach Flamingo
Auf der Main Park Road ging´s weiter Richtung Süden nach Flamingo. Auch auf der restlichen Strecke gibt es immer wieder mal Boardwalks durch kleine und große Hammocks, wie die bewaldeten „Inseln“ heißen, die sich immer wieder mal aus dem „Sea of Grass“ der Everglades um einen oder zwei Meter herausheben.
Auf diesen Inseln findet man als Besucher dann sehr dichte Wäldchen, in denen Zypressen, Westindischer Mahagoni, Eichen und diverse Palmenarten stehen, die meistens noch von anderen Schlingpflanzen oder Orchideen überwuchert sind. Das ganze sieht dann stellenweise wirklich spektakulär nach undurchdringlichem Dschungel aus, aber da die Hammocks oder „Tree Islands“ alle nicht sonderlich groß sind, ist der Dschungel überschaubar. Ganz am Ende geht die Vegetation dann in Mangrovenwälder über. Flamingo selbst ist nicht sonderlich sehenswert, deshalb entschieden wir uns, in einem Rutsch an die Westküste zu fahren.
Hierzu muss man zunächst zurück nach Homestead, dann über die 997 Richtung Norden und dann auf dem Tamiami Trail Südflorida durchqueren. Der Tamiami Trail (Highway No. 41) ist quasi die Fortsetzung der Calle Ocho in Little Havanna. Der Highway führt direkt am Nordrand der Everglades entlang und teilt den Nationalpark Everglades vom Rest des Rivers of Grass. Da im Nationalpark die typischen Air Boats (Propellerboote) nicht fahren dürfen, finden sich die meisten Anbieter dieser Touristenattraktion an eben diesem Straßenabschnitt (wir haben das ausgelassen). Ein großer Teil der Gegend gehört den Miccosukee Indianern, die am Tamiami – wie an vielen anderen Orten der USA auch – auf Grundlage einer speziellen Gesetzeslage ein großes Casino mit Resort gebaut haben.
Am Ende des Tamiami Trails bogen wir nach Süden nach Everglades City ab, einem kleinen netten Städtchen an einer Flussmündung. Die Stadt war in den 70ern und frühen 80ern mal sehr berühmt in den USA, weil so ziemlich jeder Einwohner dort im Marihuana-Schmuggel tätig war, der über den Golf von Mexiko lief, was lange Zeit auch niemanden von offizieller Seite interessiert hat. Irgendwann wurde die halbe Stadt dann verhaftet. In Everglades City fanden wir Quartier im „Captain´s Table“, ein empfehlenswertes Hotel mit großen Zweizimmer-Appartments und Blick auf den Fluss. Im Fluss tauchten morgens netterweise sogar Delfine auf.
4. Ten Thousand Islands Paddel-Tour, Everglades City
Everglades City ist das Sprungbrett in die Ten Thousand Islands, einer Kette von Mangroveninseln vor der Südwestküste. Bei der Nationalparkverwaltung mieteten wir uns für ein paar Stunden einen Kayak und paddelten zunächst über den Meeresarm, dann mitten rein in das Wirrwarr von Inseln. Leider war die Karte, die man uns gegeben hatten, dermaßen unpräzise, so daß wir die geplante Rundtour nicht beenden konnten, sondern irgendwann umkehren mußten. Dennoch ein lohnenswerter Trip.
5. Die Loop Road
Am Nachmittag wollten wir die sog. Loop Road unter die Reifen nehmen, die ca. 30km östlich von Everglades City vom Tamiami Trail abbiegt und nach etwa 40km Strecke wieder auf eben diesen mündet.
Die Loop Road ist komplett ungeteert und einige Monate im Jahr (während der Regenzeit) gesperrt. Keine Ahnung warum, aber die Straße wird von der Masse der Touristen nicht befahren, wir haben nur sehr wenige Autos unterwegs gefahren. Aber die Strecke war mit Abstand das schönste in den Everglades (genau genommen liegt sie nicht im Everglades N.P., sondern in der Big Cypress National Preserve).
Fast die ganze Strecke gleicht einem Korridor aus Wald, der alle paar hundert Meter von Lichtungen unterbrochen wird, an denen die Straße über kleine Brücken führt (das Wasser muß ja von Norden nach Süden fließen können). An jeder (!!!) dieser offenen Stellen sieht man Alligatoren und/oder große Wasservögel und teilweise riesige Zypressen. Das ganz wirkt stellenweise wirklich „verwunschen“. Irgendwann hat man soviele Alligatoren fotografiert, daß man sich darauf konzentrieren kann, Kombi-Fotos zu machen, Alligator + Kranich, Alligator + man selbst, etc..
Den Tag ließen wir zunächst in einer Fish´n´Chips/Seafood-Bude am Hafen von Everglades City mit einem Feierabendbier ausklingen, um uns dann beim All-you-can-eat-Shrimp-Diner in einem anderen Restaurant ordentlich den Bauch vollzuhauen.
6. Naples, Fort Myers Beach und Sanibel Island
Am nächsten Tag fuhren wir Richtung Norden durch Naples (kleiner Abstecher an den Strand, so la la) in Richtung Sanibel Island. Nach einer längeren Strecke auf dem gut ausgebauten Highway bogen wir vor Fort Myers Beach auf die Küstenstraße ab. Diese Idee hatten aber auch ca. 10.000 andere Leute, weswegen sich ein kilometerlanger Stau entwickelt hatte. Irgendwann hatten wir die Faxen dicke, schließlich wollten wir noch ins Wasser hüpfen. Entnervt bogen wir auf einen der kleinen Parkplätze ab, wo auch glücklicherweise gerade jemand einen Platz freimachte. Nach 2,3 Stunden am Strand hatten wir gehofft, daß sich der Stau aufgelöst hätte. War aber nicht so….bis Sanibel Island würde es noch lange dauern.
Direkt an der Parkplatzeinfahrt lag aber ein Motel, wir bekamen das letzte freie Zimmer. Draußen vor dem Motel saßen 3 Amerikaner, die tatsächlich richtige „Snowbirds“ waren, also aus den kalten Bundesstaaten der USA (Wisconsin und Maine in diesem Fall) stammten und in Florida überwinterten. Mit den 3 Herren verbrachten wir einen lustigen Abend, es gab interessante Geschichten über die Besonderheiten des amerikanischen Rechtssystems, den Unterschied zwischen Federal und State Prisons (aus eigener Anschauung des Herrn aus Wisconsin) und ungläubige Gesichter über die Tatsache, daß man in Deutschland auf manchen Autobahnen tatsächlich so schnell fahren darf wie man will.
8. Goodbye Miami
Von Sanibel aus durchquerten wir Südflorida auf dem Alligator Alley Highway, eine recht eintönige Angelegenheit, da es wirklich nur geradeaus geht. An der Ostküste versuchten wir vergeblich, in Fort Lauderdale ein Zimmer zu bekommen. Alles ausgebucht, also schnell runter nach Miami, damit wir vom letzten Tag noch was haben. Unweit der Hippie-Farm fanden wir am Biscayne Boulevard ein sehr klassisches Motel für kleines Geld, das Royal Budget Inn. Nichts besonderes, aber preislich okay, freundlicher indisch-stämmiger Chef, netter Innenhof.
Am nächsten Morgen drehten wir noch eine kurze Runde in South Beach, bevor wir uns gegen 14.00 Uhr auf Richtung Flughafen machten. Die Rückgabe des Mustangs verlief genauso problemlos wie die Abholung, die junge Dame checkte den Wagen recht oberflächlich auf Schäden, hatte an dem vielen Sand, der bei einem Florida-Urlaub zwangsläufig im Auto landet, rein gar nichts auszusetzen und wünschte uns einen angenehmen Flug. Klasse, Sixt!
Résumé:
In den frühen 90er, als es auf einmal sehr angesagt war, seinen Strandurlaub in Florida zu verbringen, habe ich mit einigen meiner Kumpels immer „von oben herab“ auf diese Urlauber geschaut, während wir in Nepal oder Alaska waren. Zu „einfallslos“ erschien uns ein Strandurlaub in Miami oder Naples. Aber für einen unkomplizierten Urlaub von, sagen wir, ein oder zwei Wochen ist Florida wirklich klasse. Nein, das ist ungerecht: Florida ist auf jeden Fall eine Reise wert! Klar ist es kein Reiseziel für große „Entdeckungen“, aber es hat sehr viel Abwechslung zu bieten…und wir waren ja nur im alleruntersten Teil auf dem absoluten Trampelpfad. Und dank des guten Air Berlin Direktflugs ist es auch kein großer Act, dahin zu kommen.
Ich denke, das schaue ich mir in den nächsten Jahren nochmal genauer an!
Falls Euch der Bericht gut unterhalten oder sogar geholfen hat, würde ich mich über Feedback im Gästebuch freuen.
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